Mensch! Ein Gedankenkonzert zum Tag der Menschenrechte

Mensch! Ein Gedankenkonzert zum Tag der Menschenrechte

Mensch! Ein Gedankenkonzert zum Tag der Menschenrechte

# Orgel-Förderverein

Mensch! Ein Gedankenkonzert zum Tag der Menschenrechte

Mensch, ich habe ein Problem. Mein Kalender ist am 08.12.2023 um 19.30h geblockt, da schneit von meinem Träger, für den ich ehrenamtlich tätig bin, die Einladung zur Weihnachtsfeier rein: Freitag, 08.12.2023… Drei Nächte schlafe ich drüber, wegen Corona ist es die erste Weihnachtsfeier seit Jahren…Da dieser Artikel aber unter „Rückblicke“ erscheint und nicht unter „verpasste Chancen“ wissen Sie, dass ich mich für die Menschenrechte entschieden habe.

W Ü R D E

Die Worte krachen a cappella in den Kirchraum. Ich bin sauer. Ich, die dafür bekannt bin, Gefühle in Worte auszudrücken, sitze hier und kann sie nicht in Worte fassen, diese Wucht der Gefühle zu formulieren, außer dass ich Gänsehaut habe, ein Strudel von Emotionen und Gedanken mich flutet.

DIE WÜRDE DES MENSCHEN IST UNANTASTBAR. Auch musikalisch ist es ein Statement, fordernd, fast ein wenig aggressiv, die ungeduldige Aufforderung nach „nun macht schon“.

Ich bin mittendrin im Konzert „Mensch! Ein Gedankenkonzert zum Tag der Menschenrechte“

Ich weiß nicht, wie verrückt man sein muss, um auf die Idee zu kommen die Menschenrechtscharta zu vertonen; und ich meine „verrückt“ wirklich im positiven Sinn von: Manchmal ein bisschen verrückt sein im Leben, so dass man was verrücken kann.“ Es wäre schon großartig, wenn dieses Konzert genau so etwas zustande bringen würde.

Apropos W Ü R D E wird im deutschen auch gerne als Konjunktiv verwendet.

Am liebsten würde ich eine Collage aus den Zitaten und Gedanken über eine ganze Seite des Gemeindebriefs verstreuen, so viele tolle, emotionale, traurige, lustige, ernste Gedanken, Geschichten, Interviews wurden zusammengetragen, alte und aktuelle, von Kindern und Erwachsenen, von Frauen und Männern, von „Einheimischen und Zugereisten“.

13 wunderbare Sänger und Sängerinnen singen 12 Motetten – wirklich nur zwölf???

Diese 13 Wundervollen nennen sich vocalensemble.tempelhof unter der Leitung von Matthias Witting, der uns die Menschenrechte musikalisch näher bringt. Nein falsch, sehr nahebringt, klingt richtiger.

Die beschriebene Religionsfreiheit mutiert zum Kirchenlied.

Sophie Scholls Blockflötenspiel für ihren im Gefängnis sitzenden Vater wird von der Orgel imitiert, ziemlich hoch und schrill, wie Kinder oft spielen. Trotzdem hätte ich mir an dieser Stelle eine echte Blockflöte gewünscht. Leise eindringliche Töne wechseln mit lauten kraftvollen ab. Unweigerlich denke ich an dieser Stelle: „das symbolisiert ihr tragisches Ende.“ Die Gedanken sind frei.

Zitat: „Die Gedankenfreiheit haben wir jetzt, jetzt brauchen wir nur noch die Gedanken.“

Was so fluffig und lustig klingt, verliert in einer Zeit, in der so viele Menschen gedankenlos sind, seine Witzigkeit. Da wird drauflosgeredet, ohne darüber nachzudenken, was die Worte anrichten. Informationen werden nicht überprüft, Hauptsache die Schuld landet beim Gegenüber. Da werden Sätze geschrieben, bei denen man denkt, hoffentlich meinst du das nicht so, wie das da jetzt steht, dann ist es diskriminierend. 

Wie schön, die vertonten Texte der Menschenrechtscharta werden an die Wand geworfen, sodass man kurz mitlesen kann, wenn gesungen wird und natürlich nicht zu vergessen auch Flügel und Orgel gespielt werden.

Ein bewegendes Konzert zum Gedanken machen, aber auch auf Gedanken bringen. Der Kopf ist rund, damit die Gedanken auch mal die Richtung ändern können. Dies ist gelungen.

Dass das Konzert „Mensch! Ein Gedankenkonzert zum Tag der Menschenrechte“ kein Konzert zum Mitschunkeln, Mitsingen und auf die Schenkelklopfen gewesen ist, sollte jedem klar sein, der Platz auf den Stühlen in der Kirche genommen hat. Trotzdem hat es eine ganz wundervolle Balance gehalten, die zum Schmunzeln einlud, wenn z.B. die Frage nach Demokratie auftaucht: „…wie die Frage nach Demokratie zu bewerten ist, wenn 2 Wölfe und ein Schaf über die nächste Mahlzeit abstimmen.“

Ein letztes Zitat: „Reichtum ist wie Stallmist, er muss verteilt werden“.

Ich glaube, die gutbürgerlichen Tempelhofer*innen haben von ihrem Stallmist reichlich gegeben. Als ich die Kirche verlasse (was traditionell zeitig ist, da ihr lieben Leser*innen ja zeitnah einen Artikel von mir auf der Homepage erwartet) denke ich: „Wenn Eva Blum jetzt niesen muss, muss sie aufpassen, dass ihr das Geld nicht aus dem Körbchen purzelt.“

Warum wird das Wort ‚Vorurteil‘ eigentlich immer negativ belegt? Ich bin heute mit dem Vorurteil in dieses Konzert gegangen, dass ich einen großartigen Abend erleben werde. Manche Vorurteile werden bestätigt.



Ihre/Eure 
Dagmar Suhr

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