Gemeinsam arbeiten im Weinberg des Herrn

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Gemeinsam arbeiten im Weinberg des Herrn

# Theologie

Gemeinsam arbeiten im Weinberg des Herrn

Gnade und Friede sei mit uns allen, an denen Gott hat sein Wohlgefallen

um Christi willen, der uns geliebt im Heiligen Geiste, den er uns gibt.

Ja, liebe Schwestern und liebe Brüder,

einmal im Jahr überkommt es mich wieder:

Da möcht’ ich Gereimtes von mir geben

- ich meine: In Versen will ich reden;

denn Ungereimtes gehört sich ja nicht.

Auf gut Deutsch: Die Predigt ist heut’ ein Gedicht.

Wir schlagen Matthäus im zwanzigsten auf,

die Verse 1-16 nehmen folgenden Lauf:

Ihr möchtet, daß ich das Himmelreich

mit etwas Alltäglich-Bekanntem vergleich?

Nun gut, stellt euch vor einen reichen Mann -

einen, der sich alles leisten kann.

Der hat viel Besitz und der kümmert sich fleißig,

hat Arbeiter zahlreich, nicht nur zwanzig bis dreißig.

Doch die holt er sich jeden Tag neu heran

denn er zahlt nur an den, der was schaffen kann.

Am frühen Morgen legen sie los

und harken den Weinberg, ihr Eifer ist groß.

Doch sind es zu wenige, die man gefunden,

drum dingt der Verwalter in mehreren Runden

- am Vormittag und noch zur Mittagsstund,

wer sich zur Arbeit bereit gefund’.

Als Lohn wurde allen dasselbe versprochen,

und solch ein Versprechen - das wird nicht gebrochen:

Das tägliche Brot ist das Maß für den Tag,

daß jeder im Haus sich satt essen mag.

Das ist zwar nicht viel, doch es reicht denen aus,

die geheuert wurden und nicht blieben zuhaus’.

Der Weinbergbesitzer ruft: “Hol Leute her!

Die Trauben sind reif. Wir brauchen noch mehr.”

Der Verwalter im Stillen die Nase rümpft,

doch er geht noch mal los - dabei ist es schon fünf.

Um Zahlen zu feilschen, kommt gar nicht in Frage,

bis zum Feierabend hört man auch keine Klage.

Doch dann ist das Tagewerk vollbracht,

die Sonne geht unter, zwei Stunden vor acht.

Nun gilt es, den Lohn auszubezahlen:

Erwartungsvolle Gesichter strahlen.

“Fang bei denen an, die zuletzt gekommen,”

wird der Weinbergbesitzer nun vernommen.

Der Verwalter beginnt und er tut seine Pflicht;

was geh’n ihn die Marotten des Chefs an? Er fragt lieber nicht.

Die Tagelöhner stehen und schweigen.

Heut’ scheint sich der Winzer großzügig zu zeigen,

denn er zahlt auch den Kurzarbeitern den Lohn,

den er am Morgen versprochen hat schon.

Nun, denken sie, das gibt ein schönes Plus,

weil man doch mehr bekommen muß,

wenn man geschwitzt hat den ganzen Tag

und nicht wie “die da” lieber faulenzen mag.

Doch weit gefehlt! Sie bekommen das gleiche.

- So ungerecht also verteilt der Reiche,

finden sie jedenfalls und sind recht empört,

weil sie diese Lohnwillkür stört.

“Was soll das?!”, beginnt nun die Meuterei,

“Unfair ist diese Gleichmacherei!

Wir haben geschuftet, wir trugen die Last

- und nun du uns betrogen hast!”

“Aber wir kamen doch überein:

Ein Taglohn soll die Heuer sein”,

kontert der Seniorchef indigniert.

“Ich habe euch nicht angeschmiert.

Es ist doch mein gutes Recht, allen zu geben

das tägliche Brot, um davon zu leben.

Ihr grämt euch, weil ich gütig bin?

Das schert mich nicht. Und nun: Geht hin!”

Was lernen wir, die wir solches hören?

- An Güte sollst Du Dich nicht stören!

Nicht wer als erster ist gekommen,

hat alles in Besitz genommen;

denn auch wer als letzter kam herein,

bei Gott wird stets willkommen sein.”

Soweit Jesu Worte, Brüder und Schwestern.

Ich ahne schon, wie jetzt Gewerkschafter lästern:

“Das ist ja mal typisch, das sah man ja kommen:

Den himmlischen Frieden suchen die Frommen,

den inneren Menschen, die Seele, befrieden,

das woll’n sie, doch was sonst hienieden

im Argen liegt, stört sie nicht offenbar;

wenn das mal nicht prophetisch war,
was einst Karl Marx sagt’ von Religion,

daß sie nämlich sei Opium,

gefährlich deswegen, weil sie betäubt,

wogegen ein Mensch sonst sich sträubt:

Ausgebeutet zu werden, bevormundet sein,

abhängig bleiben, einzeln und klein.”

Das sind harte Worte - die müssen wir hören,

auch wenn sie uns innerlich quälen und stören!

Doch - Hand auf’s Herz! - in der Arbeitswelt,

wie wir sie kennen, anderes zählt

als in dem Gleichnis, das wir vernommen,

wo alle denselben Lohn bekommen,

ob sie von morgens bis abends gerackert

oder nur eine Stunde geackert:

Wo bleibt da der Anreiz, alles zu geben,

statt auf anderer Leute Kosten zu leben?!

Auch merkt man der Fleißigen Wertschätzung kaum.

Das öffnet dem Müßiggang jeglichen Raum!

“So bringt man”, heißt es, “die Wirtschaft zu Fall”;

jedenfalls gilt es bei uns als normal,

Anreize zu setzen für die, die was leisten,

mit Sanktionen zu drohen den Faulen und Dreisten,

die sich einrichten wollen allzu bequem

in der “Hängematte” Sozialsystem.

Auch wird gern auf andere Länder verwiesen,

wo Mangel herrscht; in Staaten wie diesen,

wo alle Leute alles besitzen,

da möchte am Ende doch niemand mehr schwitzen,

heißt es, da scheut man Verantwortung auch,
und leer bleibe deshalb meistens der Bauch.

Das könne man etwa auf Kuba betrachten,

wo sie die Eigentumsrechte mißachten.

Bei aller Trauer: Das ist richtig,

doch wird durch dieses Beispiel ersichtlich:

Wo viele sich mühen, doch Cliquen entscheiden,

da müssen am Ende die Massen noch leiden.

Ob’s einem gehört oder ‘nem Kollektiv:

Wenn nicht alle mitreden dürfen, wird es schief.

“So soll es”, sagt Jesus, “unter euch nicht sein;

wer herrschen will, soll aller Diener sein!”

Und deshalb lenkt um er erzählend den Blick

uns. Kehr’n wir, Geschwister, noch einmal zurück

zum Ende des Tages: Was führte zum Streit?

- Der Weinbergbesitzer war nicht bereit,

sich zu beugen unserer Logik der Welt,

wonach allein das Geleistete zählt.

Er hat sich in Freiheit dazu entschieden,

in Frage zu stellen jenen Frieden,

der darauf zu basieren scheint,

daß viele diese Denke eint:

“Wer nicht gearbeitet hat, soll auch nicht essen.”

Das galt hier vormals; schon vergessen?

Die Bibel anders redet, hört:

“Der Arbeiter ist seines Lohnes wert.”

So steht’s geschrieben Lukas 10.

Und was das soll, das wer’n wir sehen.

Die Heilige Schrift kümmert nicht Konkurrenz,

sondern hier geht es um die Essenz

der Humanität: Um Nehmen und Geben,

um Danken und Teilen und um Gottes Segen.

Der möchte, daß alle sich können entfalten

und im Miteinander ihr Leben gestalten,

das Dasein nicht als Kampf begreifen,

einander gönnen, anstatt zu keifen,

wenn’s aussieht, als bekäm’ mal wer mehr;

obwohl das noch lange kein Drama wär’.

Denn heute brauchst du mehr als du gibst

und morgen zeigst du, wie sehr du liebst

und sorgst für die Deinen und drüber hinaus -

gemeinsam bestellen wir Gottes Haus,

die eine Welt, Gottes Kreatur.

(Und wir haben diese eine nur!)

Doch will ich jetzt schweigen von Klima und Wandel,

heute geht es um Arbeit und Handel,

um gefühltes Unrecht und drum, wie es steht

unter uns um Solidarität.

Gottes Prämisse ist, das sehen wir klar

daran, wie es in unsrer Geschichte war:

Jeder soll essen und tun, was er kann -

alle bekommen, was Not tut, dann.

Blick auf, sieh gen Himmel und schau auf den Herrn:

Er hat sich zu uns herab gebückt gern.

Das sei das Vorbild, nach dem wir trachten,

daß wir auf unsere Mitmenschen achten,

ja daß die Schwester, den Bruder wir hüten,

und man uns nicht muß um Fürsorge bitten;

selbst Fremde zu lieben und noch den Feind,

ist uns geboten - das sei unverneint.

Wohl kaum jemand wäre darüber gestolpert,

hätte der Winzer nicht selber gepoltert,

indem er befahl: “Wir beginnen am Schluß

mit der Lohnzahlung!” - was aufmerken lassen muß,

wenn man früh morgens die Arbeit begonnen

und dann als letzter das Geld soll bekommen.

Das war bewußte Provokation.

Wozu und warum? Das wissen wir schon;

oder meinen’s zu wissen: Die Gleichheit ist’s,

woran dem Herrn gelegen ist.

Und in der Tat: In Gottes Reich

sind alle Menschen an Würde gleich

- sein Ebenbild alle, Männer und Frauen,

das müssen wir nur uns zu sagen trauen

und dann danach handeln, ein Beispiel geben,

und zwar mitten in diesem, dem irdischen Leben!

Zwar ist Gottes Reich ist nicht von dieser Welt,

doch ist es in unsere Mitte gestellt

und nicht nur den Frommen die letzte Option,

daß sie Jesus folgen, Gottes Sohn,

in Abrahams Schoß am Ende zu ruh’n

und hier auf der Erde rein gar nichts zu tun.

Ich schaue noch einmal genauer hin

und frage erneut nach des Gleichnisses Sinn.

Ich male mir aus, was da fehlt im Berichte:

Wie ging es weiter nach unsrer Geschichte?

Wenn’s Frohe Botschaft sein soll, dann

geh’n sie nicht nach Hause, Mann für Mann,

sondern bleiben beisammen, erzählen und lachen

und beschließen, zusammen ein Fest zu machen.

Und sie holen die Frauen und Kinder dazu,

auch die Alten und Kranken - und in einem Nu

ist der Ärger verflogen, weil sie jetzt seh’n,

wie sie vor Gott als Gemeinschaft da steh’n.

Und sie teilen den Kelch und sie brechen das Brot.

Sie tanzen gemeinsam ins Abendrot;

man hört Instrumente erklingen

und fröhliche Menschen singen.

Am morgigen Tag geht die Arbeit dann weiter

in Gottes Weinberg - und das macht sie heiter,

denn sie spüren es plötzlich: Auf sie kommt es an,

damit das Reich Gottes Fahrt aufnehmen kann.

Noch ist es ganz klein und man sieht man es noch kaum,

doch sie schaffen ihm tätig mehr und mehr Raum:

Sie beten und arbeiten Seite an Seit,

sie sind zum Dienst und zum Zeugnis bereit

gegen Rassismus, für Integration,

für Lebensrettung und gerechten Lohn.

Für jüdisch’ Geschwister treten sie ein

und sagen entschieden zu Krieg und Haß “Nein!”,

sie streiten fürs Klima und für eine Welt,

die sich nicht spalten läßt, die zusammenhält.

Das bleibt nicht verborgen, das spricht viele an -

so daß das Gottesreich wachsen kann.

Auch du bist geladen. Die Ernte ist groß.

Mach dich von allem, was hindert, schnell los

und folge den andern, die vor dir her kamen -

auf, fröhlich zu Werke! “Ja, gern”, sagst du, “Amen”

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