Himmlischer Chor auf Probe

Himmlischer Chor auf Probe

Himmlischer Chor auf Probe

# Kirchenmusik

Himmlischer Chor auf Probe

von Stefanie Herfurth-Schmidt


Es muss so ca. 20 Jahre her sein, da brachte Christoph ein paar Noten mit in die Chorprobe und wir durften "Die Himmel erzählen" aus Haydns Schöpfung singen. Das ist ein eingängiges Stück und scheinbar leicht zu singen, wäre da nicht die Dynamik. Wir trugen es dann ein paar Wochen später in einem Familiengottesdienst vor und bekamen Standing Ovations. Ich staunte damals über die begeisterte Aufnahme dieses Chorstücks bei Groß und Klein. Danach landeten die Noten wieder in der Kiste und wir sangen Zahlreiches, was schwerer oder leichter war. Die 'erzählenden Himmel' tauchten immer mal wieder aus der Versenkung auf und es wurde der Gedanke geboren, man könnte es ja mal mit der ganzen Schöpfung versuchen.


So stand unser Chorjahr 2016 unter dem Motto von Haydn. Während der Proben wurde dem einen oder anderen klar, dass Choral Nr. 13 "Die Himmel erzählen" nur die Spitze des Eisberges darstellte. Wir hatten es hier mit einem anspruchvollen Stück Klassik zu tun. Der leichte Klang wollte erobert werden, das ging nicht so nebenbei! Jede Probe war randvoll gefüllt mit Noten, anstrengend und wichtig. Mit zunehemdem Wissen um die Töne begannen die Chorstücke der Schöpfung in mir Gestalt anzunehmen. Mit der Übung nahm die Sicherheit der Einsätze zu, die Tonfolgen wurden klarer. Aufeinander hören war vor allem bei den zahlreichen Fugen wichtig. Ja, aufeinander hören, aber nicht aufeinander verlassen! Verlassen wollte ich mich auf mich selbst. So verbrachte ich auch außerhalb der Proben Zeit mit Lesen des Textes und Hören der Noten.


Doch kam der Termin der Aufführung viel zu schnell näher. Gerne hätte ich mir noch zwei, drei (oder vier, fünf) weitere Proben gewünscht. Nun, der Termin stand seit Monaten fest, da gab es nichts mehr dran zu rütteln. Am Dienstag, dem 4. Oktober war die letzte norrmale Chorprobe, dann folgten nur noch Haupt – und Generalprobe. Und wir hatten nur eine Probe mit den Solisten. Ob das reichte?


Der Abend der Premiere kam. Helga sang uns ein und wünschte uns eine erfolgreiche Aufführung, Der Kirchraum war mäßig besetzt. Danke an die Gemeinde und die Rücklage Kirchenmusik! Es wurde ruhig und dunkel im Raum. Die Schöpfung begann. Wieder erstaunten mich die ersten Töne, die mit Nachdruck Bilder des Chaos in mir aufsteigen ließen. Ja, so könnte es gewesen sein, am Anfang: wüst, leer, tobend; Feuer und Wasser nicht getrennt, ineinander verwoben. Dann, der ordnende Geist des Schöpfers, über der Fläche der Wasser (Chor, flüsternd), verbannt die Geister der Finsternis in ihr Reich. (Chor, forte: Verzweiflung, Wut und Schrecken...). ER vernichtet nicht, sondern ordnet und schöpft. Zahlreich sind seine Ideen. Bäche, das Meer, alles findet seinen Platz. Der dritte Tag wird bejubelt von den himmlischen Heerscharen (Chor, mehrmals, steigernd: Denn er hat Himmel und Erde bekleidet in herrlicher Pracht !) Sonne, Mond und Sterne zieren, nicht untätig, sondern die Zeit angebend das Firmament. Und die himmlischen Heerscharen erzählen es einander. (Chor, endlich! Die Himmel erzählen im Quartet der drei Erzengeln und des Chores steigernd bis zum Fortissimo). Tiere füllen die Welt, die Instrumente stellen sie vor. In den wenigsten Fällen bedarf es eines Kommentars der Erzengel. Die brüllenden Löwen, die turtelnden Tauben, man hört sie heraus. Auch die Tiere sollen dem Schöpfer zujubeln und werden nachdrücklich dazu aufgefordert (Chor: Ihr Tiere preiset alle Gott!). Dann - der menschliche Gedanke, Gott bräuchte Publikum... Adam und Eva betreten die Bühne. ER sah jedes Ding, das er gemacht hatte. (der Chor kommentiert: Vollendet ist das große Werk). Adam und Eva ergreifen Besitz vom Paradies und bejubeln die Schöpfung. Sie schmachten sich gegenseitig in Liebe an, Danken noch vielmals ( Chor: Singt dem Herren alle Stimmen, dankt ihm alle seine Werke) und die Sache hat ein Ende.


Ganz erstaunt war ich, als wir das letzte Amen sangen. So schnell vorbei, das himmlische Vergnügen. Aber wir durften es ja zwei Tage später erneut singen. Jetzt gab es erst mal Blumen für die großartigen Solisten und Musiker, Helga und Christoph.


Kritik und Selbstkritik außer acht lassend (bin ich Stalin, oder was?) war sie schön geworden, unsere Schöpfung, und der Klang konnte sich hören lassen. Und die und der ein oder andere fragt sich bereits, was singen wir als nächstes?



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